Gottfried Hilgerdenaar gestorben

Bremerhaven verliert seinen aktivsten Zeitzeugen zur Hochseefischereigeschichte

„Seemann will ich werden“ lautet der Titel seines autobiografischen Buches, das wie keine andere maritime Veröffentlichung drei Auflagen erreichte und sowohl schifffahrtsgeschichtliche Laien als auch Experten begeisterte. Gottfried Hilgerdenaar war aber nicht nur Autor des Buches und anderer Veröffentlichungen, sondern auch der wohl eifrigste maritime Zeitzeuge, der ehrenamtlich die Hochseefischerei dokumentierte und in zahllosen Führungen im Historischen Museum Bremerhaven darüber berichtete. Als der letzte deutsche Seitentrawler FMS „GERA“ als Museumsschiff in Bremerhaven festmachte, wurde dieses Schiff seine neue maritime Heimat, der er täglich einen Besuch abstattete. Gottfried Hilgerdenaar starb am letzten Wochenende im Alter von 90 Jahren.

Als er von seinem Lehrer in der Abschlussklasse nach seinem Berufswunsch gefragt wurde, antwortete Gottfried Hildergenaar: „Seemann will ich werden!“ Seine Mitschüler brachen daraufhin in Gelächter aus, denn man befand sich im ostwestfälischen Dorf Schlangen bei Detmold, wo kaum einer das Meer kannte. Dennoch ließ sich der junge Gottfried nicht von seinem Berufsziel abbringen. Im Zweiten Weltkrieg fuhr er als Funker auf einem U-Boot und roch erstmals Seeluft. Nach Kriegsende heuerte er in Bremerhaven in der Hochseefischerei an und arbeitete fünf Jahre als Matrose auf Seitentrawlern. Anschließend wechselte er in die Handelsschifffahrt, machte sein Kapitänspatent und führte als Kapitän die großen Bergungsschlepper der Reederei Schuchmann.

Obwohl die Hochseefischerei „reiner Knuff“ war, wie er immer wieder erzählte, prägte sie Gottfried Hilgerdenaar sein Leben lang. Die harte Arbeit, die seemännischen Anforderungen, aber auch die verlässliche Kameradschaft standen für ihn dabei im Mittelpunkt. Mit dem Niedergang der Hochseefischerei in den 1990er Jahren kam ihm ins Bewusstsein, dass dies eine vergangene Arbeitswelt war, die dokumentiert werden müsste. Er schrieb seine Veröffentlichungen, gab eine Hör-CD heraus, wirkte in einem Dokumentarfilm des Historischen Museums Bremerhaven mit und führte im Museum und auf der „GERA“ zahllose Führungen durch.

Seemannsgarn, große Worte und seemännische Selbstinszenierung waren nicht seine Sache. Gottfried Hildergenaar trug seine Erinnerungen sachlich und immer bescheiden vor und überzeugte seine Zuhörer/-innen durch seine Detailkenntnisse und Glaubhaftigkeit. Auf „seinem“ Museumsschiff „GERA“ kümmerte er sich darum, ob die Leinenführung in Ordnung und das Netz richtig angeschlagen war und ob die technischen Einrichtungen der Brücke funktionierten. Er verpasste keinen Aktionstag auf dem Museumsschiff, immer bereit, seine maritimen Erinnerungen zu vermitteln. Der Dank des Publikums war ihm sicher. „Ein großer musealer Helfer und fantastischer Erzähler ist von uns gegangen“, resümiert die Leitung des Historischen Museums Bremerhaven. Noch im vergangenen Monat wirkte Gottfried Hilgerdenaar bei den Veranstaltungen zum 25-jährigen Jubiläum der „GERA“ als Museumsschiff aktiv mit. Wie immer stand er mit seinem Fotoalbum auf der Brücke und zog die Zuhörer/-innen in seinen Bann. Er verstarb als Opfer eines tragischen Verkehrsunfalls.

Für die Medien:
Im Anhang befindet sich ein Foto von Gottfried Hilgerdenaar, wie er auf dem Museumsschiff FMS „GERA“ einer Besuchergruppe das Fangdeck erläutert.

Stand: 16.07.2015

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